VORBERICHT zu unserer 6.Auktion
vom 1.-2.Dezember 2017
An Russland kann man nichts als glauben...
Die Auflösung einer umfangreichen Sammlung Russland und Sowjetunion, die nach dem 1.Weltkrieg beginnt und in der Neuzeit aufhört, steht im Mittelpunkt des Einzellos-Angebotes EUROPA.
Darunter befinden sich Stücke, die seit Jahren auf deutschen Auktionen nicht angeboten wurden.
Die erste Blockausgabe zu Ehren des Dichters Puschkin erschien im Jahre 1937 und ist eigentlich keine „große Affäre“. Der Block wurde normalerweise auf gestrichenem Papier gedruckt, doch eine geringe Auflage erschien auch auf gewöhnlichem Papier. Diese Variante wird im „Michel“ unter der Nummer „Block 1y“ (gewöhnliches Papier) gelistet. Von insgesamt 140.000 gedruckten Blocks wurden nur 3.000 auf gewöhnlichem Papier produziert. Ein postfrisches Exemplar eröffnet den Reigen in dem wohl vollständigen Blockangebot.
Ebenso rar ist der sogenannte „Mausoleumsblock“, der 1949 in gezähnter und – noch seltener - ungezähnter Ausführung erschien und der das Lenin-Mausoleum auf dem Roten Platz in Moskau zeigt. Insbesondere in gestempelter Erhaltung ist ein solches Exemplar kaum einmal zu finden.
Der kleine Schritt „Vom Erhabenen zum Lächerlichen“ kennzeichnet auch die Preisspanne vom gezähnten zum ungezähnten Zeppelin-Satz von 1930. Während die gezähnte Version für wenige Euro zu haben ist, war die ungezähnte Ausgabe schon stets eine ernsthafte Angelegenheit im vierstelligen Preisbereich. Ein postfrischer ungezähnter Satz startet in unserer Auktion mit dem moderaten Schätzpreis von 2000 Euro.
Ein Zeitsprung – von 1930 ins Jahr 1967. In diesem Jahr wurde der sowjetischen (Staats)zeitung „Iswestija“, deren 50jähriges Bestehen gefeiert wurde, der Lenin-Orden, die höchste Auszeichnung der Sowjetunion, verliehen. Dieses Ereignis wurde mit einem speziellen Aufdruck auf der „regulären“ Iswestija-Sondermarke (Mi.Nr. 3331) gewürdigt. Anläßlich einer Feierstunde wurden die wenigen überdruckten Marken an hochrangige Politiker und wichtige Prominente übergeben. Am Postschalter war die Marke nie zu haben, gleichwohl wird sie aber im russischen „Zagorski“-Katalog gelistet und dort mit einem Preis von 60.000 Euro notiert. Unser Schätzpreis von 10.000 Euro lässt da durchaus noch „Phantasie“ nach oben.
Glanzpunkte der Auktion setzen in diesem Zusammenhang auch die russischen Gebiete.
In Sibirien, genauer dem Priamur-Gebiet waren im Jahre 1921 die Japaner Besatzungsmacht. Alte russische Marken wurden mit neuen Währungsbezeichnungen überdruckt. Dabei waren die überdruckten Mengen teilweise winzig. Keine 100 Exemplare nennt die Literatur als Auflage des 10 auf 5 K.-Wertes (Mi.Nr. 7A), und gar nur 15 Stück wurden vom 5-Rubel-Wert (Mi.Nr. 19) überdruckt.
Beide Marken sind große Russland-Raritäten, wenn auch die seit Jahrzehnten unveränderte Notierung im „Michel“-Katalog dies nicht unbedingt korrekt abbildet. Es versteht sich von selbst, dass nicht nur diese Seltenheiten mit Attesten namhafter Experten wie dem Friedl Expert Committee und Herrn Mikulski angeboten werden.
Der EUROPA-Teil bietet aber noch viel mehr.
Eine vierfarbige Frankatur von DÄNEMARKs Quadratausgaben ziert einen Brief aus dem Jahre 1863, von Kopenhagen nach England adressiert. Da der Empfänger seinen Aufenthaltsort gewechselt hatte, musste der Brief nachgesandt werden. Zahlreiche Stempel dokumentieren den Postweg und hinterlassen uns einen Beleg „full of character“.
Ebenfalls ein Blickfang ist ein Brief aus dem Jahre 1856 aus GROSSBRITANNIEN.
„Senor Flanagan“ machte Urlaub im Hotel „des Trois ...“ in Palma auf der Insel Mallorca. Die gute Frankatur, u.a. mit der „embossed“ 6d-Marke (Mi.Nr. 5) wurde am 7.Juli des Jahres sauber in Birmingham entwertet und zeigt zudem Transit- und Eingangsstempel vorderseitig.
Das Gebiet der SCHWEIZER KLASSIK ist beliebt und gut vertreten mit einer Reihe attraktiver Kantonalausgaben, dabei eine Basler Taube und eine „Zürich 4Rp.“. Ein Stück, das in die Reihe „Kurioses“ gehört, ist ein sogenanntes „Esslinger Essai“ der 4-Rappen-Marke Zürich, ohne Jahreszahl. Im Handbuch der schweizer Kantonalmarken findet sich eine genaue Beschreibung dieser seltenen Stücke. Das von uns angebotene Exemplar stammt aus einer alten Familiensammlung und wird mit einem aktuellen BPP-Attest angeboten.
Noch einmal „SCHWEIZ“: Die Dienstmarken für die Industrielle Kriegswirtschaft aus dem Jahre 1918 sind, insbesondere auf Bedarfspost, kaum einmal zu finden. Zwei schöne Belege möchten wir hier vorstellen. Fünf Exemplare des 3 Rp.-Wertes trägt ein Brief der „Stickerei-Ausfuhr-Zentrale St.Gallen“ und eine Einzelfrankatur der 7 ½ Rp.-Marke (Mi.Nr. 3 I) findet sich auf einer Drucksache nach Schaffhausen. Attraktiver kann man diese Ausgabe kaum darstellen!
Nach Erdteilen gegliedert, zeigt sich im Katalog das Übersee-Angebot „benutzerfreundlich“.
Stets beliebt sind die Ausgaben der Volksrepublik CHINA, die mit mehreren guten Sätzen aus der Zeit der Kulturrevolution im Angebot vertreten sind. „Mao`s Thesen I“ in den gesuchten Fünferstreifen sind ebenso zu finden wie weitere Spitzenausgaben aus dieser Zeit. „Mädchenblock“ und „Roter Affe“ als praktisch „moderne“ Neuheiten vom Ende der 1970er/Anfang der 1980er Jahre dürfen dann nicht fehlen.
AFRIKA – hier lohnt ein Blick auf die Ausgaben der Kap-Region. Dabei sind es Besonderheiten wie Ausgaben aus dem besetzten Mafeking oder aus Transvaal, die Ihr Interesse verdienen. Ein 7er-Blockstück des 1 Schilling-Wertes 1883 von TRANSVAAL enthält eins der seltenen Tête-Bêche-Paare, in gestempelter Erhaltung. Das haben wir nicht so oft gesehen.
Die Flugpostausgabe von SÜDAFRIKA aus dem Jahre 1925 ist auf Briefen sehr beliebt. Ein linksseitig ungezähntes Exemplar ist hingegen schon eine kleine Rarität und zeigt sich hier auf einem dekorativen Luftpost-Recobrief von Durban nach Bloemfontein.
Unsere Rundtour endet dieses Mal in Südamerika. Einen Brief der ersten Flugpost von KOLUMBIEN aus dem Jahre 1919 zeigt unsere erste Abbildung. Nur wenige Briefe wurden befördert, und oftmals sind die frankierten Marken beschädigt, weil sie mit einem Messer aus dem Bogen herausgetrennt wurden. Unser vorliegendes Stück zeigt eine nahezu perfekte Perforation.
Schöne klassische Abteilungen sind von einigen Ländern zu finden, so von Bolivien, Mexico, Kolumbien oder Venezuela.
Eine kleine Auswahl. Gezeigt werden hier ein Probedruck 500c „Condor“ zur ersten Markenausgabe Boliviens, eine traumhafte Bogenecke von Mexico, der seltene 2 1/2c.-Wert der Granadischen Konföderation aus dem Jahre 1861 in perfekter Qualität und ein Kehrdruckpaar der 1 Real-Marke von Venezuela aus dem Jahre 1875. Von letztgenanntem Kehrdruckpaar sind weniger als 10 Exemplare bekannt geworden; hier kann man mit Fug und Recht von einer Weltseltenheit sprechen.
Das DEUTSCHLAND-Angebot lässt in Bezug auf die „Standard“-Ausgaben keine Wünsche offen. Doch statt hochpreisiger Raritäten stellen wir einmal ein paar Stücke vor, die fast ein wenig in die Kuriosa-Abteilung gehören.
Eine „Stuhl“-Frankatur von BADEN macht den Anfang. Das war in Losbeschreibungen früherer Zeiten eine gern genommene Formulierung. Es ist nichts anderes als ein Dreierblock, hier von der seltenen 3 Kreuzer-Marke in enger Zähnung. Trennen Sie eine solche Einheit aus dem Bogen, bleiben meist einige Zähnchen auf der Strecke. Das hier gezeigte Stück hingegen ist perfekt. Gleich daneben eines der schönsten Briefstücke einer BAYERN Mi.Nr. 4 I. Breitrandig geschnitten, vom Bogenrand stammend, und dann hatte auch der Postbeamte in Schwabmünchen beim Abstempeln ein gutes Händchen... Da attestiert selbst ein sonst „cooler“ Bundesprüfer „überdurchschnittliche Erhaltung“.
Dienstpost aus HELGOLAND - „Govt Heligoland“ lautet der Vermerk auf einem offiziellen Umschlag der britischen Verwaltung. Portofrei war der Brief aber nicht, denn er ging nach Braunschweig und musste mit einer 20 Pfg.-Marke freigemacht werden.
„So kann man Brustschilde auch sammeln“ - das gezeigte Briefstück der seltensten Brustschildmarke, einer „2 Kreuzer großer Schild“, lässt keine Wünsche offen, das hat zum Glück auch der Verbandsprüfer in seinem neuesten Attest bestätigt.
An dieser Stelle noch zwei originelle KOLONIAL-Stücke:
Eine Postkarte von Deutsch-Südwestafrika aus dem Jahre 1900 ist adressiert an den „Trompeter Kirschstein in der Kaiserl. Schutztruppe“ bei der „Nord-Expedition“. Was es mit dieser Expedition auf sich hatte und wofür man dort einen Trompeter brauchte, schildern wir Ihnen im Auktionskatalog. Eines ist sicher – ein zweites Stück wird man so schnell nicht finden.
Und auch so etwas gehört zu den kleinen Raritäten – ein Zwischenstegpaar der 50 Pfg. Krone/Adler, gebraucht als Vorläufer-Ausgabe in SAMOA. Das war im Jahre 1899.
Zum Schluss ein Bedarfsbeleg aus RUHLEBEN.
Im Internierungslager für Engländer waren während der Zeit des 1.Weltkrieges Lagerpostmarken im Umlauf. Sie werden diese kennen, man findet sie hin und wieder für „kleines Geld“, aber praktisch immer nur in ungebrauchter Erhaltung. Früher waren sie sogar im „Michel“.
Der hier vorgestellte Brief zeigt immerhin, dass diese Marken wirklich auch einem gewissen Bedarf dienten. Wir sprechen hier sicher nicht von einer Weltseltenheit, aber finden müssen Sie ein solches Stück auch erst einmal!
Das gesamte Angebot unserer 6. Auktion wird an dieser Stelle ab dem 28.10.17 online zu sehen sein. Insgesamt kommen über 4.400 Lose zum Angebot, davon fast 1.500 Sammlungen und Posten.
Der gedruckte Auktionskatalog wird ab dem 1. November versandt werden.